14.06.2022 - Fachartikel
Harvard-Konzept: So erreichen Sie Win-Win-Situationen in Verhandlungen und Konflikten
Egal, ob Sie Ihr Gehalt verhandeln, in Vertragsverhandlungen mit Kunden stecken, mit Auftraggebern über Zusatzanforderungen im Projekt diskutieren, eine Immobilie kaufen oder mit Ihrer Familie über den nächsten Urlaubsort abstimmen möchten – das Harvard-Konzept hilft Ihnen weiter und schafft Win-Win-Situationen. Erfahren Sie hier, wie das Harvard-Konzept als Verhandlungs-, Konfliktlösungs- und Konflikt-Management-Strategie funktioniert und wie Sie sie anwenden.
Was ist das Harvard-Konzept?
Das Harvard-Konzept ist eine Vorgehensweise des sachbezogenen Verhandelns. Seltener wird sie auch als Harvard-Methode, Harvard-Ansatz, Harvard-Prinzip, Harvard-Modell oder Harvard-Technik bezeichnet. Längst hat sich das Harvard-Konzept als das Standard-Modell schlechthin für erfolgreiche Verhandlungsführung und Konfliktlösung etabliert. Das Beste am Harvard-Konzept: Beide Konfliktparteien haben etwas davon, denn das Ziel ist eine konstruktive Einigung, eine Win-Win-Situation – ganz ohne faule Kompromisse. Konflikte, die nur mit zufriedenen Beteiligten enden – wer will das nicht?
Die Prinzipien des Harvard-Konzepts formulierte der US-amerikanische Jurist Roger Fisher 1981 in seinem mit William Ury und Bruce Patton publizierten Buch „Getting to Yes“. Auf dem deutschsprachigen Markt erschien das Werk unter dem Titel „Das Harvard-Konzept“. Gegenstand war das Harvard Negotiation Project als Teil des „Program on Negotiation“ an der Harvard Law School der Harvard Universität. Im Rahmen dieses Verhandlungsprogramms wurde das Harvard-Konzept als interessenorientierte, konstruktive und friedliche Konfliktlösungsstrategie entwickelt.
Wie funktioniert das Harvard-Konzept?
Streitfragen werden im Rahmen des Harvard-Konzepts nach Bedeutung und Sachgehalt entschieden. Ziel ist es herauszufinden, wie eine Differenz effizient, effektiv und konstruktivaufgelöst werden kann. strong>Gefeilscht wird dabei nicht. Keine der beiden Konfliktparteien soll in eine Bittsteller-Position gedrängt werden. Die Win Win Strategie zielt darauf ab, dass beide Seiten profitieren. Die Methode folgt vier Grundprinzipien, die auch als die vier Säulen des Harvard-Konzepts bezeichnet werden.
Die 4 Prinzipien des Harvard-Konzepts
- Sachbezogen diskutieren
- Interessen fokussieren
- Entscheidungsoptionen entwickeln
- Objektive Entscheidungskriterien anlegen
Harvard-Prinzip #1: Behandeln Sie Menschen und Probleme getrennt!
Im Sinne des Harvard-Konzepts gilt es, ähnlich wie beim Eisberg-Modell in der Kommunikation, persönliche Beziehungen und die sachlich-inhaltliche Ebene des Diskussionsgegenstands strikt zu trennen. Geschieht das nicht, kann es leicht vorkommen, dass eine sachliche Feststellung oder Aussage durch Partei A von Partei B als Beleidigung aufgefasst wird. Die persönlichen Beziehungen müssen nach dem Harvard-Konzept zunächst neutralisiert oder ausgeblendet werden, damit eine sachgerechte Verhandlung überhaupt erst möglich ist.
Folgende Aspekte helfen Ihnen dabei:
- Der Mensch gegenüber ist weder Ihr Freund noch Ihr Feind. Er ist ein wichtiger Partner bei Ihrer Problemlösung, kein Kontrahent, gegen den es zu gewinnen gilt. Ein Ergebnis kann nur unter Beteiligung beider Seiten entstehen. Teilen Sie Ihrem Verhandlungspartner ruhig mit, dass Sie überzeugt sind, dass Sie ihn oder sie für die richtige Person halten, um zu einer für beide Seiten fairen Lösung zu gelangen.
- Anschuldigungen oder Aufzeigen subjektiv empfundener Verfehlungen des Gegenübers führen zur Verhärtung der Fronten, sind kontraproduktiv und haben keinen Platz.
- Artikulieren Sie durchaus Ihre Emotionen und Probleme, ohne jedoch die Schuldfrage dabei zu stellen.
- Benennen Sie die inhaltlichen Punkte/Sachprobleme klar und wertungsfrei.
- Formulieren Sie Ihre Forderungen und begründen Sie sie nachvollziehbar.
- Räumen Sie Ihrem Verhandlungspartner Raum ein, seine Anliegen ebenso frei und begründet vorzutragen. Fühlt sich Ihr Gegenüber verstanden, ist er auch umso gewillter, Ihren Anliegen Aufmerksamkeit zu schenken.
- Hören Sie zu und zeigen Sie Empathie mit der Position und den Schilderungen des Gegenübers.
- Führen Sie die Diskussion immer wieder zurück zu den Sachthemen.
Tipp
Um sich dieses abstrakte Prinzip zu verbildlichen, hilft folgendes einfaches Motto: Sei hart in der Sache, aber weich zu den Menschen. Die persönliche Beziehung zum Gegenüber soll jederzeit intakt bleiben.
Bei Ihrem Gegenüber verursachen Sie mit dieser Strategie eine kognitive Dissonanz: In der Sache widerspricht Ihr Verhandlungspartner Ihnen, andererseits spürt Ihr Gegenüber menschlichen Respekt, Sympathie und Vertrauen. Diese Art von Widerspruch wird dafür sorgen, dass Ihr Gegenüber eher geneigt ist, Ihnen entgegenzukommen und auch Zugeständnisse in der Sachfrage zuzulassen.
Harvard-Prinzip #2: Es geht um Interessen, nicht um Positionen!
Hinter jeder Forderung steht ein Interesse. Die Forderungen sind nach dem Harvard-Konzept nicht entscheidend. Vielmehr sollten Sie sich auf Ihre eigenen Interessen und die Interessen Ihres Konflikt- oder Verhandlungspartners fokussieren. Reflektieren Sie also zuerst, welche Ihre Interessen sind und fertigen Sie vor der Verhandlung wenn möglich auch eine Liste mit Ihren Interessen an.
Die Harvard-Orange: Interessen statt Positionen
Um das Konzept hinter dem Harvard-Konzept zu verbildlichen, bedienten sich die Autoren von "Getting to Yes" einer älteren Metapher, dem Orangenbeispiel: Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Die Mutter gibt jeder Tochter eine Hälfte. Eine presst den Saft aus der Orangenhälfte und entsorgt die Schale, die andere nutzt die Schale, um einen Kuchen zu backen und wirft das Fruchtfleisch weg. Die Schwestern haben die gleiche Position, nämlich „Ich will die Orange haben“. Hinter dieser Position verbergen sich aber unterschiedliche Interessen: „Ich möchte Orangensaft trinken“ und „Ich möchte einen Kuchen backen“. Hätten sie die Interessen ergründet und formuliert, hätte sich eine Win-Win-Lösung ergeben.
Was aber sind Ihre Interessen? Das ist immer vom konkreten Einzelfall des Konflikts oder der Verhandlung abhängig. Interessen können grundsätzlich sein:
- Wünsche
- Gier
- Ängste
- Befürchtungen
- Sorgen
Die Frage ist also nicht „Was fordern wir/die andere Seite?“, sondern „Warum fordern wir/die andere Seite das?“.
Beispiel Harvard-Prinzip #2
A (Arbeitnehmer) fordert von B (seinem Vorgesetzten) eine Gehaltserhöhung. Die Forderung ist klar, denn Sie lautet „Ich will mehr Geld!“. Das eigentliche Interesse von A ist zunächst aber nicht klar.
- Möchte A häufiger Urlaube finanzieren, weil er überarbeitet ist?
- Fürchtet er drohende Altersarmut aufgrund zu niedriger Rente?
- Benötigt er das Geld, um eine private Pflegekraft für Angehörige zu finanzieren?
- Muss er aufgrund einer Trennung nun Unterhaltszahlungen leisten?
- Möchte er sich ein neues Auto kaufen?
- Fühlt er sich und seine Arbeit nicht genügend wertgeschätzt?
- Fühlt er sich benachteiligt gegenüber Kollegen?
- Möchte er seinen Marktwert ausloten, weil er mit dem Gedanken spielt, bald seinen Job zu kündigen?
In jedem dieser Szenarios könnte der Konflikt für beide Beteiligten zielführender und nachhaltiger gelöst werden, wenn B das eigentliche Interesse von A kennt und die Möglichkeit erhält, Empathie für die Position von A aufzubringen.
Würden beide nicht das Harvard-Konzept anwenden und feilschen, wird B letztendlich A mehr Gehalt, aber vielleicht nur die Hälfte der geforderten Summe zahlen. Die eigentlichen Beweggründe von A bleiben B verborgen. A erscheint B dann vielleicht als undankbar und zu fordernd, B ist trotz der Gehaltserhöhung vielleicht dennoch unzufrieden, da er sich noch immer nicht genügend wertgeschätzt fühlt.
Die Übertragung eines verantwortungsvollen Projekts durch B an A hätte in diesem Fall beispielsweise ein besseres Ergebnis erzielt. Nur wer die Interessen des anderen kennt, kann Sie auch berücksichtigen.
Legen Sie Ihrem Gegenüber daher nicht nur Ihre Forderung, sondern all Ihre Interessen offen und sachlich dar.
Damit aber nicht genug: Überlegen Sie sich auch bereits vorab, welche Interessen Ihre Gegenseite vertreten könnte. Im Gespräch selbst sollten Sie W-Fragen stellen, um mehr über die Forderungen und die Beweggründe/Interessen der Gegenpartei zu erfahren: „Warum fordern Sie das?“ Positiver Nebeneffekt: Ihr Gegenüber wird Ihr Interesse an einer produktiven Lösung des Konflikts wahrnehmen.
Arbeiten Sie nun gemeinsam mit Ihrem Verhandlungspartner. Haben beide Seiten ihre Interessen identifiziert und begründet, können Sie sie in unterschiedliche und gemeinsame Interessen gruppieren und gegeneinander auflisten. Diese Visualisierung im Harvard-Konzept hilft ungemein, da sie Gemeinsamkeiten hervorhebt und dazu anregt, die divergierenden Interessen gezielt zu adressieren. Gut für Ihr Beziehungsmanagement, denn nebenbei fördern Sie so die Zusammenarbeit an gemeinsamen Zielen.
Interessen im Einklang
Sie werden feststellen: Es ist wesentlich einfacher, Interessen in Übereinstimmung zu bringen als Positionen und Forderungen. Denn meist lässt sich ein Interesse durch verschiedene Lösungen befriedigen.
Harvard-Prinzip #3: Bereiten Sie verschiedene Alternativen vor!
Eine Entscheidung „Entweder-oder“ kennt das Harvard-Konzept nicht. Es schlägt stattdessen eine „Sowohl-als-auch“-Variante vor, indem Sie verschiedene Optionen betrachten und Ihr Verhandlungsziel durch Kreativität und Flexibilität erreichen.
In Prinzip #2 ist bereits der Schlüssel für dieses dritte Prinzip des Harvard-Konzepts enthalten. Denn wenn Sie sich bereits im Vorfeld mit ihren eigenen Zielen und den möglichen Interessen Ihres Gegenübers befasst haben, fällt es ihnen leichter bei konträren Positionen Alternativen zu finden, die die Interessen beider Konflikt- oder Verhandlungsparteien gleichermaßen berücksichtigen.
Fragen Sie hierbei nicht: „Was ist die richtige Lösung?“, sondern wählen Sie einen kreativen Ansatz und sammeln Sie zunächst in einem Brainstorming möglichst viele denkbare Optionen und Lösungswege. Die Frage muss also lauten: „Welche Lösungen wären denkbar?“ Die Bedingungen:
- Die Lösungswege müssen Interessen beider Parteien bedienen.
- Die Lösungswege sollen nicht vorab beurteilt und gewichtet werden.
- Die Lösungswege dürfen nicht das eigene Interesse als Ausgangspunkt und alleinigen Fokuspunkt haben.
Harvard-Prinzip #4: Treffen Sie eine objektive Entscheidung!
Nach dem vierten Prinzip des Harvard-Konzepts sollten Sie im Sinne der Fairness objektive Kriterien bei der Entscheidung für einen Lösungsweg heranziehen. Einigen Sie sich gemeinsam auf einen Vorschlag, haben beide beteiligten Parteien das Gefühl, aktiv zur Entscheidungsfindung beigetragen und Ihre eigenen Interessen gewahrt zu haben – die Akzeptanz ist höher.
Unterbreiten Sie Ihrem Gegenüber Ihre nach Prinzip #3 erarbeiteten Vorschläge und diskutieren Sie gemeinsam das Für und Wider der verschiedenen Optionen. Unterbreitet Ihr Gegenüber ebenfalls Vorschläge, können Sie ausloten, wo Sie zu gleichen oder ähnlichen Lösungsansätzen gelangt sind. Messen Sie die verschiedenen Lösungsvorschläge an möglichst objektiven und fairen Kriterien, wie beispielsweise:
- Gesetzliche Regelungen
- Ethische Normen/Moralische Kriterien
- Geltende Qualitätsstandards
- Branchenübliche Konventionen
- Vergleichsfälle
- Marktwert
- Kosten
- Gegenseitigkeit
- Gleichbehandlung/Fairness
Folgende Punkte sind bei der Entscheidungsfindung nach dem Harvard-Konzept außerdem zu beachten:
- Die guten Beziehungen beider Verhandlungspartner bleiben erhalten.
- Die Inhalte der gewählten Entscheidung müssen praktisch umsetzbar sein.
- Beide Seiten verlassen die Verhandlung mindestens mit ihrem Minimalziel. Brauchen beide Partner das Gleiche, wird es fair geteilt.
- Die Verhandlung findet zeiteffizient statt. Auf Positionen wird nicht beharrt oder herumgeritten.
Was tun, wenn das Harvard-Konzept gescheitert ist?
Spielt Ihr Verhandlungspartner nicht mit oder finden Sie trotz einer Verhandlung nach den Harvard-Prinzipien nicht beide Verhandlungspartner zum erwünschten Ergebnis, ist das zwar ärgerlich, aber kein unvorhergesehener Fall. Nach dem Harvard-Konzept sollten Sie sich daher bereits vor der Verhandlung mit einem möglichen Scheitern und gangbaren Alternativen befassen: Was können Sie tun, wenn es trotz Harvard-Konzept zu keiner Einigung kommt?
Die Autoren von „Getting to Yes“ bezeichnen die Lösung dieser Situation als BATNA, „Best Alternative To a Negotiated Agreement“ (Beste Alternativoption, falls es bei einer Verhandlung nicht zu einer Einigung kommt). Wohl dem also, der einen Plan B in der Tasche hat. Haben Sie Ihren Alternativplan vorab überlegt, gibt Ihnen das natürlich auch Sicherheit in der Verhandlung und stärkt Ihre Position und Unabhängigkeit. Je attraktiver Ihre BATNA, desto stärker Ihre Verhandlungsmacht.
Bestimmen Sie Ihre BATNA so konkret wie möglich:
- Fertigen Sie hierbei eine Liste mit möglichen Szenarien an.
- Entwickeln Sie für beide Seiten Optionen.
- Bedenken Sie auch, welche BATNA Ihr Gegenüber definieren könnte.
- Sondieren Sie anhand objektiver und realistischer Kriterien, welche Erfolgsaussichten Ihr BATNA hat.
Kennen Sie Ihre BATNA, sollten Sie Ihre Schmerzgrenze danach definieren. Die BATNA dient also als Absicherung, damit Sie nicht versehentlich einer Lösungsoption zustimmen, die schlechter als die eigene BATNA ist. Fragen Sie sich, welches Ergebnis immer noch besser als Ihre BATNA wäre. Droht in einer Verhandlung ein Überschreiten Ihrer Schmerzgrenze in Richtung BATNA, unterbrechen Sie die Verhandlung und erbitten Sie Bedenkzeit.
Das Harvard-Konzept: Beispiel aus der Praxis bei Projektron
Bei der Projektron GmbH nutzen wir das Harvard-Konzept in Verhandlungen mit unseren Kunden und Dienstleistern, aber auch zur Lösung von Konflikten, die in der alltäglichen Zusammenarbeit im Projektron-Team unvermeidlich sind.
Ein Beispiel für den Einsatz des Harvard-Konzepts bietet unsere Verhandlung mit einem auf Logistikprozesse spezialisierten Kunden. Vor Beauftragung des Angebotes hat der Kunde um ein Verhandlungsgespräch zum Angebot gebeten. Dabei haben wir über die gegenseitigen Interessen gesprochen:
Verhandlungen nach dem Harvard-Konzept: 3 Erkenntnisse aus der Praxis
Aus meiner langen Erfahrung aus Absprachen zu Einigungen sind mir folgende drei Erkenntnisse besonders wichtig:
1. Effektiv bei Absprachen mit den Entscheidern
Das Harvard-Konzept ist besonders effektiv, wenn man mit den Entscheidern spricht, was bei uns meistens die Geschäftsführer der mittelständischen Unternehmen sind. Hier treten die wahren bzw. langfristigen Interessen des Kunden am ehesten zu Tage:
Hinter dem Wunsch, die Software schnell einzuführen verbigt sich oft das Interesse, dass es keine Unruhe im Unternehmen wegen der Einführung einer Zeiterfassung gibt. In diesem Fall ist es aber keine sinnvolle Strategie, die Mitarbeiter schlichtweg zu übergehen. Vielmehr gilt es, durch Konfigurationsworkshops und Schulungen Akzeptanz zu schaffen. Wir haben in einem Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern aus diesem Grund mit der Einführung des Urlaubsmanagement-Moduls angefangen. Da die bestehende Lösung im Unternehmen nicht sonderlich beliebt war, haben die Mitarbeiter des Kunden die Einführung unserer Software positiv gesehen. Die Projektplanung wurde erst viele Monate später eingeführt, viel später als ursprünglich geplant. Die Dauer der Einführung spielte nun keine Rolle mehr.
2. Schwierig bei Verhandlungen mit Einkäufern
Nach dem Harvard-Konzept mit Einkäufern zu sprechen, macht meist keinen Sinn, da sie zuvorderst am Preis, den Zahlungsbedingen und den rechtlichen Rahmenbedingen interessiert sind. Hier würde das Verhandeln nach Harvard nur dann nützen, wenn man die Vor- und Nachteilen bestimmter Regelungen in den AGBS, AEBs, VAVs, den eigenen Vertragsunterlagen und ähnlichen juristischen Dokumenten kennt wie seine eigene Westentasche. Dann könnte es passieren, dass der Kunde auf Vertragsstrafen beim Verpassen von Meilensteinen verzichtet, wenn er dafür seine Bedingungen zur Verwendung der Software bei Töchterunternehmen stärker beachtet sieht. Auf solche Ergebnisse kommt man aber nur mit viel Erfahrung in der Materie. Die bloße Kenntnis das Harvard-Konzepts reicht hier nicht, um erfolgreich zu sein.
3. Nicht bei Ausschreibungen anwendbar
Das Harvard-Konzept ist meist nicht bei Ausschreibungen anwendbar, das es gar nicht zum persönlichen Austausch mit dem Kunden kommt. Denkbar wäre eine Verhandlung nach Harvard nur, wenn der Kunde vorher seine Interessen deutlich in den Ausschreibungsunterlagen äußert oder vor der Entscheidung ansprechbar ist. Das passiert leider so gut wie nie, was auch verständlich ist. Der Kunde möchte natürlich nicht, dass sich die potentiellen Dienstleister mit leeren Versprechungen gegenseitig übertreffen. Wir haben hier das Dilemma, das man mit Ausschreibungen zwar Materialien einkaufen kann, nicht aber komplexe Software die individuell angepasst werden muss.
Fazit: Nachteile und Vorteile des Harvard-Konzepts
In gleichberechtigten Verhandlungssituationen bietet das Harvard-Konzept Vorteile:
- Es eignet sich hervorragend, um Konflikte strukturiert zu lösen.
- Beide Parteien erreichen am Ende einen Verhandlungserfolg. Es gibt keinen Verlierer und das Resultat ist für beide beteiligten Verhandlungsseiten ein Gewinn.
- Die Beziehung beider Verhandlungspartner wird durch die Praxis und die entstandene Win Win Situation gestärkt.
Natürlich birgt das Harvard-Konzept Nachteile:
- Sie ist komplex und verlangt Übung.
- Sie bedarf einiger Vorbereitung und situativer Anpassung auf den konkreten Konfliktfall.
- Ist bei einer asymmetrischen Verhandlung eine Seite klar im Vorteil, weil Sie mehr Informationen besitzt oder weniger zu verlieren hat, ist das Harvard-Konzept nicht sinnvoll anwendbar. Hier droht eine Win Lose Situation.
Für spontan aufbrandende Konflikte und spontane Streitgespräche im Alltag eignet sich das Harvard-Konzept weniger. Auch zur Lösung von Beschwerdefällen eignet sich das Harvard-Konzept aufgrund der asymmetrischen Ausgangssituation nicht. In diesem Fall wenden wir bei Projektron Beschwerdemanagement nach der EVA3-Methode an.
Dennoch lohnt es sich, sich mit den Harvard-Prinzipien auseinanderzusetzen und die Methoden zu verinnerlichen. Denn Empathie und eine nüchterne, sachbezogene und konstruktive Einstellung werden Ihnen in zahlreichen alltäglichen privaten wie beruflichen Konflikten sehr nützen. Übung macht den Meister: Nehmen Sie sich anstehende Verhandlungen bewusst vor und wenden Sie gezielt Ihr Wissen um die Prinzipien des Harvard-Konzepts an. Sie werden schnell feststellen, dass die Methode nicht nur das Verhandlungsklima positiver gestaltet, sondern auch zum gewünschten Erfolg führt.
Über den Autor
Die Geschäftsführung der Projektron GmbH trägt derzeit die Verantwortung für mehr als 110 Mitarbeiter. Den persönlichen Kontakt zum Kunden definierten die Projektron-Verantwortlichen als essenziellen Bestandteil des Erfolgs. Verhandlungen stehen dabei natürlich fast täglich auf der Tagesordnung. Seit Jahren wendet die Geschäftsführung dabei erfolgreich das Harvard-Konzept an, da es sich um eine nicht konfrontative Methode zur Konfliktlösung handelt von der auch der Kunde profitiert. Verhandlungstraining nach Harvard-Konzept ist daher auch ein Weiterbildungsangebot für alle Mitarbeiter.
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